Spieltheorie: Grundlagen

Spieltheorie: Grundlagen
Spieltheorie: Grundlagen
 
Die Spieltheorie analysiert strategisches Denken. Über strenge mathematische Formulierungen wird versucht, das rationale Entscheidungsverhalten in solchen Konfliktsituationen abzuleiten, in denen der Erfolg des Einzelnen nicht nur vom eigenen Handeln, sondern auch von den Aktionen anderer abhängt. Solche Situationen begegnen uns täglich, im Beruf oder Privatleben: Unternehmen brauchen Wettbewerbsstrategien, Politiker Wahlkampfstrategien, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände Verhandlungsstrategien und Trainer planen Strategien für ihre Mannschaften auf dem Spielfeld. Die erste bahnbrechende Arbeit zur Spieltheorie ist der Aufsatz von John von Neumann (1903-1957) »Zur Theorie der Gesellschaftsspiele«, der den Begriff Spieltheorie begründete. Aus den modernen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ist die Spieltheorie nicht mehr wegzudenken. Spätestens die Vergabe des Nobelpreises für Wirtschaftswissenschaften im Jahr 1994 an John C. Harsanyi (* 1920) und John F. Nash (* 1928) und den Deutschen Reinhard Selten (* 1930) in Anerkennung ihrer Verdienste um die Weiterentwicklung der Spieltheorie hat dies verdeutlicht. Während die streng formale, mathematische Sprache der Spieltheorie für deren Entwicklung unverzichtbar ist, sind die folgenden grundlegenden Prinzipien auch ohne diese verständlich.
 
 Spielformen
 
Grundlegendes Element strategischer Spiele ist die Interdependenz der Entscheidungen der Spieler. Dabei gibt es zwei Formen: Bei der einen ist die Interaktion gleichzeitig wie im Beispiel des Gefangenendilemmas (simultane Spiele). Die Spieler handeln gleichzeitig und kennen die jeweiligen Aktionen der anderen nicht. Trotzdem muss sich jeder Spieler über die potenziellen Züge der anderen im Klaren sein und versuchen, deren Entscheidungen vorauszusehen und in die eigene Planung einzubeziehen. Die beste Handlungsalternative des Einzelnen ist deshalb Bestandteil der Gesamtkalkulation aller Strategien. Im anderen Fall sind die Interaktionen sequenziell, d. h., die Spieler müssen ihre Züge abwechselnd machen, wobei der zweite den Zug des ersten kennt (sequenzielle Spiele). Wenn ein Spieler am Zug ist, muss er den Einfluss seiner Entscheidung auf die zukünftigen Züge seiner Gegner und deren Interaktion mit seinen zukünftigen Zügen einplanen.
 
 Darstellungsformen
 
Voraussetzung für spieltheoretische Überlegungen ist, dass die Spieler in der Lage sind, das Ergebnis der verschiedenen Kombinationen aus ihren Möglichkeiten und denen des Gegners zu bewerten. In welcher Einheit diese Bewertung stattfindet, ob dies in Geldeinheiten oder in abstrakten Nutzenniveaus geschieht, ist dabei unerheblich. Die Bewertung wird daher vereinfachend oft als Auszahlung bezeichnet. Der einzelne Spieler sucht nach einer Strategie, die seine Auszahlung maximiert. Sequenzielle Spiele lassen sich am einfachsten in der Form eines Spielbaumes darstellen. Diese Darstellung wird auch extensive Form genannt. Die strategischen Möglichkeiten der Spieler werden dabei als Linien (Äste) dargestellt. Nachdem sich der erste Spieler für einen Ast entschieden hat, ist der zweite Spieler am Zug. Auch er hat verschiedene Möglichkeiten, die als weitere Verzweigungen dargestellt werden. In Abhängigkeit von den verschiedenen Kombinationen ergeben sich für beide Spieler unterschiedliche Auszahlungen. Simultane Spiele lassen sich vereinfacht in der Normalform darstellen. Dabei werden die aus den verschiedenen Kombinationen von Handlungsalternativen zu erwartenden Auszahlungen in eine Matrix eingetragen.
 
 Lösung des Spiels
 
Um das Spiel zu lösen, schließt man beim sequenziellen Spiel rückwärts entlang des Baumes. Handlungsalternativen, die zu relativ geringeren Auszahlungen führen, werden gestrichen, bis eine beste Strategie übrig bleibt. Wenn ein sequenzielles Spiel in einer endlichen Zahl von Zügen endet, so gibt es immer eine beste Strategie. Dass eine beste Strategie existiert, heißt natürlich nicht, dass es einfach ist, sie zu finden. Das Schachspiel ist hier das beste Beispiel: Theoretisch ist es möglich, vom ersten Zug an einen Spielbaum mit den möglichen weiteren Zügen zu zeichnen. Dieser ist jedoch so komplex, dass dies bis heute nicht gelungen ist.
 
Wenn in einem Spiel eine bestimmte Strategie unabhängig von den Aktionen des anderen einem selbst immer eine höhere Auszahlung garantiert als andere Strategien, wird diese als dominante Strategie bezeichnet.
 
 Nash-Gleichgewicht
 
Ein Gleichgewicht, in dem sich alle Spieler bei gegebenen Aktionen der anderen Spieler optimal verhalten, wird als Nash-Gleichgewicht bezeichnet. Dieses muss jedoch nicht die optimale Lösung darstellen, denn auch das Ergebnis des Gefangenendilemmas ist ein Nash-Gleichgewicht. Auch mehrere Nash-Gleichgewichte sind möglich: Es handelt sich also um eine nicht eindeutige Lösung.

Universal-Lexikon. 2012.

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